AUTOREN-TIPPS

AUTOREN TIPPS – Wie viel Realität verträgt die Fiktion?

Wie viel Realität verträgt Fiktion?

In der Welt der Literatur spielen Realität und Fiktion oft Hand in Hand – sie sind untrennbar miteinander verbunden. Doch wie viel Realität braucht eine Geschichte, damit sie für Leserinnen und Leser glaubwürdig bleibt? Und wann sollte die Fantasie die Oberhand gewinnen, um eine mitreißende Erzählung zu schaffen? Für viele Autorinnen und Autoren ist die richtige Balance zwischen Realität und Fiktion eine der wichtigsten Herausforderungen beim Schreiben. Dieser Beitrag beleuchtet, wie beide Elemente zusammenspielen und gibt Tipps, wie du als Autorin oder Autor diese Balance finden kannst.

Realität und Fiktion – Grundbegriffe verstehen

Unter Realität in der Literatur versteht man all jene Elemente, die der wirklichen Welt entstammen: historische Ereignisse, gesellschaftliche Strukturen, wissenschaftliche Fakten oder authentische menschliche Erfahrungen. Die Realität bildet das Fundament, auf dem viele Geschichten aufbauen, um Nähe zum Leser zu erzeugen.

Fiktion hingegen ist der Bereich der Vorstellungskraft, in dem Autoren frei erfinden können – von Charakteren und Handlungen bis zu ganzen Welten. Fiktion umfasst dabei ein breites Spektrum, von subtiler Abweichung von der Realität bis hin zu komplett neuen, fantastischen Universen. Sie erlaubt, das Mögliche zu erweitern, das Unmögliche zu erkunden und die Grenzen des Bekannten zu sprengen.

Ein wichtiges Konzept hierbei ist die suspension of disbelief (Willenskraft zum Aussetzen des Unglaubens), wie es der Literaturwissenschaftler Samuel Taylor Coleridge formulierte: Leserinnen und Leser sind bereit, Unglaubwürdigkeiten zu akzeptieren, wenn die Geschichte innerhalb ihrer eigenen Logik konsistent ist.

Warum Realität der Fiktion Halt gibt

Realistische Elemente schaffen eine Basis, auf der sich Leser sicher fühlen. Sie erkennen vertraute Situationen, menschliche Emotionen oder glaubwürdige Handlungsabläufe. Das erleichtert das Eintauchen in die Geschichte und fördert die Identifikation mit den Figuren.

Zum Beispiel profitiert auch die Fantasy-Literatur häufig von realistischen Details: gut durchdachte Welten, nachvollziehbare Charakterzüge oder sozialpolitische Strukturen erhöhen die Tiefe einer Geschichte und machen sie glaubhafter. J.K. Rowling etwa verwebt in den Harry-Potter-Romanen alltägliche menschliche Themen wie Freundschaft, Mut und Verlust mit einer magischen Welt – und schafft so eine Verbindung zur Realität.

Doch zu viel Realität kann auch einengend wirken. Wenn sich ein Autor zu stark an Fakten klammert, verliert die Erzählung oft ihren kreativen Schwung. Die Gefahr besteht, dass die Geschichte vorhersehbar wird und die Spannung leidet.

Die kreative Freiheit der Fiktion

Fiktion bietet grenzenlose Möglichkeiten. Sie erlaubt es, Welten zu erschaffen, in denen physikalische Gesetze anders funktionieren, historische Abläufe verändert werden oder fantastische Wesen existieren. Diese Freiheit ist das Herzstück vieler literarischer Genres – von Science-Fiction über Fantasy bis zum magischen Realismus.

Gerade in diesen Genres ist es wichtig, eigene Regeln aufzustellen, die innerhalb der Geschichte konsequent eingehalten werden. So bleibt die Fiktion glaubwürdig, auch wenn sie von der Realität abweicht.

Dabei gilt: Je stärker die Abweichung von der realen Welt, desto wichtiger ist es, die innere Logik der Erzählung klar und überzeugend zu gestalten, um Leser nicht zu verlieren.

Wie Autoren die Balance meistern können

Die richtige Mischung aus Realität und Fiktion hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter Genre, Zielgruppe und Erzählstil.

Praxis-Tipp: Überlege dir beim Schreiben, welche realen Elemente deine Geschichte unterstützen und welche dir Freiheiten für kreative Wendungen lassen. Nutze reale Details als Ankerpunkte, um deine Leser zu führen, und setze deine Fantasie gezielt ein, um überraschende und faszinierende Geschichten zu erzählen.

Wissenschaftliche Perspektive und Quelle

Laut Literaturwissenschaftlerin Marie-Laure Ryan, einer Expertin für Narrative und Fiktion, besteht Fiktion aus „möglichen Welten“, die anders sein können als die Realität, aber durch interne Konsistenz und Plausibilität glaubhaft wirken. Ihre Forschung unterstreicht, dass die Akzeptanz von Fiktion durch Leser stark von der Balance zwischen Vertrautem und Neuem abhängt (Quelle: Ryan, Marie-Laure. Possible Worlds, Artificial Intelligence and Narrative Theory, 1991).

Diese Erkenntnis bestätigt, wie wichtig es für Autoren ist, ihre fiktionalen Welten sorgfältig zu gestalten und dabei eine gute Mischung aus Realität und Erfindung zu finden.

Fazit

Realität und Fiktion sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben literarischen Medaille. Während Realität deiner Geschichte Glaubwürdigkeit und Tiefe verleiht, gibt dir die Fiktion die Freiheit, Grenzen zu überschreiten und Neues zu erschaffen. Für Autorinnen und Autoren ist es entscheidend, das Verhältnis bewusst zu gestalten – mit einer Portion Wahrheit, die der Fantasie Raum lässt.

Wie viel Realität braucht eure Fiktion? Ich freue mich auf eure Gedanken und Erfahrungen in den Kommentaren!

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